Montag, 12. September 2011

Grüne Architektur „down under“ - Australiens erstes Bürohochhaus mit zweischaliger Fassade.

Foto: Stuttgarter Nachrichten
Gestern las ich in der Welt am Sonntag einen sehr interessanten Artikel über den Architekten Christoph Ingenhoven. Er ist bestimmt vielen bekannt als Architekt des neuen Stuttgart 21. Mir gefällt seine Art und Weise "Greenbuilding" konsequent durchzusetzen. Eine eigene Kläranlage im Keller, eine doppelschalige Glasfassade, die Klimaanlagen teilweise überflüssig macht und die Erzeugung umweltfreundlicher Energien sind nur ein Teil seiner Philosophie. Ich wünsche mir mehr solcher Häuser und mehr solcher Architekten.

1 Bligh, wie das Gebäude nach seiner Lage an der Bligh Street heißt, ist das umweltfreundlichste Hochhaus Australiens. Das 30-stöckige elliptische Gebäude verfügt als erstes Hochhaus des Landes über eine doppelschalige Glasfassade und kann aufgrund seiner natürlichen Belüftung sogar im tropischen Klima von Sydney teilweise auf eine Klimaanlage verzichten.

Eine Solaranlage auf dem Dach und ein auf Erdgas basierendes System erzeugen die umweltfreundliche Energie für Kühlung, Heizung und Strom. Ein riesiges Atrium, das sich über alle 30 Geschosse erstreckt und das höchste Australiens ist, lässt die überschüssige erwärmte Luft aus den umliegenden Büros nicht ungenutzt verpuffen, sondern dient als natürliche Wärmeressource für die riesige Eingangshalle. Die Decken der einzelnen Geschosse können thermisch aktiviert und durch zirkulierendes Wasser gekühlt werden.

 Für das unter chronischem Wassermangel leidende Australien wurde in 1 Bligh sogar eigens eine Mini-Kläranlage im Keller installiert, die Wasser in trinkwasserähnlicher Qualität erzeugt und mehr Wasser klärt, als im Haus anfällt. 300 Fahrradstellplätze sollen den Mitarbeitern zudem eine energiesparende und gesunde An- und Abfahrt zur Arbeit ermöglichen. Und damit deren Ästhetik bei Arbeitsbeginn nicht leidet, wurden 300 Duschplätze eingebaut.
 

Foto: worldarchitecturenews.com
Ausgezeichnet mit der 6 Star World Leadership"-Zertifizierung -Standards Green Star.Der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven hat gemeinsam mit dem australischen Büro Architectus das Hochhaus geplant, das von den australischen Medien viel Lob bekam und schon jetzt zum zweiten Architektur-Highlight der Stadt nach dem berühmten Opernhaus von Jørn Utzon gezählt wird.

Das Gebäude setzt mit seiner schwingenden Form in ästhetischer Hinsicht ein Ausrufezeichen in Sydneys wenig spektakulärer Skyline. Am Öko-Standard im Baugewerbe, da ist sich Christoph Ingenhoven sicher, führt weltweit kein Weg mehr vorbei. "Ganz einfach deshalb, weil sich künftig ohne Zertifizierung kein Gebäude mehr verkaufen lässt", sagt der Architekt. "Wenn ein Bauherr heute ein Bürogebäude baut und es nach fünf Jahren wieder verkaufen oder vermieten will, hat er überhaupt keine Chance, dies zu tun, wenn er nicht über eine sehr hohe Zertifizierung verfügt. Es sind allein ökonomische Gründe, die Zertifizierungen für Investoren interessant machen, das hat nichts mit grünem Idealismus zu tun."
Foto: worldachitecturenews.com
Ingenhoven, inzwischen ein Weltreisender in Sachen Green Building, hat das erste Öko-Hochhaus Japans gebaut, plant zurzeit in Singapur ein weiteres milliardenschweres grünes Hochhaus-Ensemble und will mit dem Neubau der Google-Zentrale in Kalifornien sein Meisterstück abliefern. Ingenhoven glaubt, dass sich weltweit das amerikanische LEED-Siegel durchsetzen wird. Nicht, weil es besser ist als andere Zertifizierungen, sondern weil die Amerikaner schneller waren als etwa die Deutschen mit ihrem DGNB-Siegel und das bessere Marketing betrieben haben.

Die größte Herausforderung bei der Planung seiner internationalen Bauten stellte für Christoph Ingenhoven der Bau der neuen Zentrale des Schmuckherstellers Swarovski am Zürichsee dar, die im vergangenen Jahr eingeweiht wurde. "Das Schweizer Minergie-Siegel verlangt dem Architekten noch viel mehr ab als das deutsche DGNB-Siegel", sagt er. Es hätte seiner Ansicht nach gute Chancen, sich in ökologisch orientierten Ländern wie Kanada oder Schweden als führendes Siegel durchzusetzen.
 Welt am Sonntag 11.09.2011 - Britta Nagel