Dienstag, 9. März 2010

Hochwertige Wellnessangebote sind gefragt

FRANKFURT. Während sich die Markenhotellerie auch in „Krisenzeiten“ konstant auf dem Markt behauptet bzw. sogar expandiert, sinken zumeist Auslastung und RevPAR in der Individualhotellerie. Insbesondere Hotels, die sich aufgrund von fehlendem Management-Know-How sowie Kapitalmangel nicht an geänderte Rahmenbedingungen anpassen können, werden vom Markt verschwinden. Der Anteil der Einzelbetriebe wird weiter zurückgehen und die Bedeutung der Ketten und Kooperationen wird kontinuierlich wachsen.

Doch wie in anderen Branchen schafft die Konzentration und die damit einhergehende Standardisierung auch Nischen für neue innovative Anbieter, welche sich als Spezialisten in einem speziellen Marktsegment profilieren können. Hier nehmen mit steigendem Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung die Sporthotels und Beherbergungsbetriebe mit Wellnessangeboten eine Schlüsselposition ein.

Wellness ist als Lebensphilosophie zu verstehen, welche zu ganzheitlichem Wohlbefinden aufgrund des harmonischen Zusammenwirkens von Körper, Geist und Seele führt. Der Zusatz „Medical" vor dem Wellnessbegriff beschreibt medizinisch relevante Ziele, welche durch Verhaltens- und Einstellungsänderungen, d.h. Lebensstiländerungen angestrebt werden.

Wellness als gesundheits- und leistungsfördernde Lebenseinstellung bedingt sportliche Aktivitäten, die vom Nordic Walking über das Golfspielen bis zum koreanischen Taekwon Do reichen können.

Hotels können von dem kontinuierlich steigenden Körperbewusstsein sowie der Nachfrage nach Sportangeboten insbesondere dann profitieren, wenn Sie nicht nur für Individualreisende, sondern auch für Sportvereine Angebote schaffen. Diese müssen neben einer hohen Dienstleistungsqualität, die sich unter anderem in der Betreuung vor Ort ausdrückt, Sporteinrichtungen und –geräte aufweisen, welche nach Möglichkeit den höchsten internationalen Ansprüchen gerecht werden. So basiert der Erfolg des Individualhotels Öschberghof laut des Direktors Alexander Aisenbrey auf den fünf Säulen Living - Spa - Golf - Business – Event. Auf dem eigenen Fußballplatz trainieren regelmäßig internationale Profimannschaften, die Fans anziehen und für eine überregionale Berichterstattung sorgen.

Trendorientierung als Erfolgsfaktor

Ein Trend ist eine Entwicklung, die in der Gegenwart sichtbar ist und von der man begründet annehmen kann, dass sie sich in der Zukunft fortsetzt. Trendorientierte Unternehmen haben die Chance, Nischen zu erkennen, zu besetzen, Know-how-Vorsprünge zu generieren, sich im Evoked Set (positive Anbieter- oder Markenauswahl im Gedächtnis der relevanten Zielgruppe) der Gäste zu platzieren und sich daraus resultierend von ihren Mitbewerbern deutlich abzusetzen.

Das Wellness-Hotel und spirituelle Zentrum Larimar in Stegersbach (Österreich) setzt beispielsweise im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes auch auf spirituelles in der Architektur. Die Hotelauffahrt ist in der Form der „Blume des Lebens” gestaltet, der Eingangsbereich spiegelt die Lehre der fünf Elemente wider sowie die Wohlfühlprinzipien des Feng Shui. Die Außenbecken des Pools ergeben Yin und Yang und im Grundriss findet sich die Lehre der Chakren.

Für Hoteliers und Investoren stellt sich die Frage, ob es sich bei einer aktuellen Nachfrageentwicklung um einen langfristigen Trend handelt, bei dem sich die hohen Investitionskosten amortisieren, oder ob es eine Modeerscheinung ist, die nach kurzer Zeit keine oder wenig Nachfrage generieren wird.

Der Unternehmer sollte sich die drei folgenden Fragen stellen:

- Welche Schlüsseltrends berühren sein Geschäftsfeld?
- Wie und in welchem Umfang werden sie die zukünftigen Unternehmensaktivitäten tangieren?
- Hat die Unternehmensleitung Pläne, um auf die Veränderungen zu reagieren?


Als Wachstumsmärkte der Zukunft lassen sich identifizierten:

- Instant Wellness für die nomadische Gesellschaft (z.B. Sauerstoff-Bars, Day Spas und Relax-Restaurants in Hotels)
- Anti-Aging für die ergrauten Baby Boomer (z.B. Functional Food, exklusive Kosmetik-Salons sowie Body Shaping als Zusatzleitungen der Sporthotels)
- Men´s Health im „Windschatten der Feminisierung“ (z.B. Personal Trainer, Schönheitsoperationen durch Hotelkooperation mit spezialisierten Chirurgen)
- Corporate Wellness im Kampf um knapper werdende Talente (z.B. Rahmenverträge zwischen Unternehmen und Sporthotels, die den Leistungsträgern weltweiten 24/7 Zugang gewährleisten)
- Lebenskunst als Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, das Sporthotel oder Medical-Wellnesshotel als Sinn-Anbieter durch zusätzliche Angebote auf spiritueller Basis (z.B. Meditation) oder das Wiederentdecken des eigenen Körpergefühls (z.B. Barfußpfade, Kletterwände)
- Sicherheit als Reaktion des Gastes auf sich ständig ändernde Lebensumstände (potentieller Verlust des Arbeitsplatzes, der Rente etc.) bieten sich für das Hotel Management Vertrauensmarketing, zielgruppenspezifische Vorauswahl (um den speziellen Ansprüchen gerecht zu werden), Positionierung der Marke bzw. des Unternehmens und großzügiges Reklamationshandling („Krise als Chance“) an. Des Weiteren sind zunehmend Leistungsgarantien, Testimonials (z.B. bedeutender Sportler) und Zertifizierungen (z.B. DIN ISO, Sterneklassifizierung) von großer Bedeutung für den Markterfolg.

Konnten Eltern als eine der zuvor genannten Zielgruppen gewonnen werden, so liegt es Nahe, auch für deren Nachwuchs ein Wellnessangebot zu schaffen. Ayurvedische Babymassagen, Kinderyoga, Medical Kids Check, Hot-Chocolate-Massagen oder kunterbunte Saunalandschaften sind Angebote, die zunehmend nachgefragt werden. Brauchen Kinder Wellness? Brauchen vielleicht nicht. Aber Fakt ist: Schon die Kleinen ahmen ihre Eltern nach, wollen zumindest gern ausprobieren, was die Erwachsenen machen.

Die Nachfrage nach hochwertigen Wellness- und Sportangeboten ist nicht als kurzlebige Mode-Erscheinung zu werten, sondern gilt als Spiegelbild eines veränderten Freizeit- und Gesundheitsverständnisses der Gesellschaft und bietet somit ein enormes wirtschaftliches Potenzial.

Für die Hotellerie eröffnen sich mit den Megatrends Wellness und körperliche Fitness neue Produktfelder sowie Märkte, die es mit unverwechselbaren, Konzepten zu erschließen gilt. Ständige Marktbeobachtung, höchste Produkt- und Dienstleistungsqualität, betriebswirtschaftliches Controlling sowie kontinuierliche Investitionen sind jedoch für den Markterfolg unabdingbar.

Zum Autor: Axel Gruner (geb. 1964) ist gelernter Koch, staatl. gepr. Hotelbetriebswirt und Dipl.-Betriebswirt. Seit November 2004 ist er auch Professor für Hospitality Management an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Fakultät für Tourismus. Er verfügt über langjährige operative Erfahrung in der internationalen Hotellerie (u.a. Maritim Golf- & Sporthotel, Timmendorfer Strand; Hotel Europe, Killarney (Irland); Hyatt Regency Grand Cayman (British West Indies); Brenners Parkhotel, Baden-Baden; Hotel Océano, Teneriffa (Spanien)) sowie als Unternehmensberater, Coach, Trainer, Dozent und Aufsichtsratsmitglied des Rhön-Park Hotel Resorts.

Onlineartikel erschienen am 19.09.2009 auf dem Newsportal der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung